35. ATT in Essen war wieder gut besucht - auch von der AVL

Die ATT in Essen, Europas größte Astronomie-Börse, öffnete am 18. Mai mal wieder ihre Pforten und konnte sich anfangs dem Besucheransturm kaum erwehren. So bildeten sich in der ersten Stunde erhebliche Warteschlangen im Eingangsbereich, die aber durch paralleles Abarbeiten an der Kasse relativ schnell abgefertigt wurden. Auch die AVL war mit vier Teilnehmern wieder vor Ort, um sich über Neuigkeiten in der Astro-Szene zu informieren und mögliche Schnäppchen zu ergattern. Dabei waren sich alle Mitfahrer einig: die ATT war wieder einmal eine Reise wert.

Begrüßt wurde man im Eingangsbereich dabei gleich von zwei bekannten Star-Wars-Figuren: einem Mitglied der Sturmtruppen und dem Droiden R2-D2. Für viele Besucher ein Grund sich erst einmal mit den beiden Stars ablichten zu lassen. R2-D2 machte Werbung für die Droidbuilder Germany (https://www.droidbuildersgermany.de), welche ein Zusammenschluss von Star-Wars-Begeisterten ist, die Spaß daran haben, die technische Welt des Star-Wars-Universums zu erkunden und diese nachzubauen. Schwerpunkt bildet die Entwicklung und Konstruktionen von Droiden oder Astromechs. Es finden regelmäßige Treffen auf Events, Stammtischen oder im Forum statt. Das Mitglied der Sturmtruppen wollte hingegen auf einen weiteren Star-Wars-Club aufmerksam machen, der sich 501st Legion (https://www.501st.de) nennt und weltweit aktiv ist. Es handelt sich dabei um einen Kostümclub, der ausschließlich aus Fans zusammengesetzt ist und von diesen eigenverantwortlich betrieben wird. Das war schon mal ein erstes Highlight auf der ATT.

Anschließend ging es aber sofort weiter zu den Herstellern. Im Eingangsbereich war traditionell auch Berlebach (https://www.berlebach.de) als Aussteller zu finden, die im letzten Jahr gerade ihr 120jähriges Bestehen gefeiert hatten. Neu wurde dieses Jahr eine Weiterentwicklung des bekannten Planet-Stativs gezeigt, welches eine Kurbelmittelsäule enthielt, wodurch man verschiedene Höhen einstellen kann. Die Konstruktion machte einen sehr soliden Eindruck und soll noch 60 kg tragen können. Sie soll verhindern, dass bei längeren Teleskopen wie beispielsweise Refraktoren ein Anschlagen an die Stativbeine erfolgen kann. Die Entwicklung ist aber noch nicht ganz abgeschlossen, da noch an weiteren Details gefeilt wird. Bestehende Planet-Stative sollen nachgerüstet werden können.

Der große Ausstellungsraum war wieder gut besucht, beherbergte aber weniger Aussteller, als noch im letzten Jahr. Bei Lacerta (https://lacerta-optics.com) gab es hier nach wie vor den Autoguider M-GEN-II zu sehen und zu kaufen. Zusätzlich wurden auch Flatfield-Boxen für Astrofotos angeboten, die das Interesse von Ernst-Jürgen Stracke und Jürgen Ruddek weckten. Diese Boxen dienen zur Erstellung von sog. Flats, die für die Kalibrierung von Astrofotos benötigt werden. Damit kann die Vignettierung (dunklerer Rand) und auch Schatten von Staubkörnern vom Bild abgezogen und so beseitigt werden. Laut Hersteller bieten die Flatfield-Boxen ein sehr farbneutrales Licht und eine extrem gleichmäßige Ausleuchtung. Zusätzlich flimmern die LED-Lampen nicht, wodurch wesentlich kürzere Belichtungszeiten verwendet werden können. Die Vorführung überzeugte, so dass eine Box käuflich erworben wurde und demnächst in der AVL-Sternwarte zum Einsatz kommen wird.

Auf dem Gebrauchtmarkt gab es wieder allerlei zu entdecken. Neben diversen Montierungen war auch eine modellierte Mondoberfläche aufgebaut, um verschiedene Schatteneffekte bei Aufnahmen zu simulieren. Aber auch Handy-Halterungen am Teleskop wurden gezeigt. Dabei soll das Smartphone nicht die DSLR-Kamera ersetzen, sondern nur Geschmack auf mehr machen. Auch für öffentliche Vorführungen, bei denen die Teilnehmer mit ihrem Smartphone erste Ergebnisse schnell und einfach erzielen können, sind dafür geeignet. Auf jeden Fall machte die Celestron-Halterung NEXYZ einen soliden Eindruck, so dass man keine Angst um sein Handy haben musste. Auch Spektive und Großferngläser wurden in größerer Menge gezeigt. Allerdings war die Abbildungsqualität der gebrauchten Exemplare oftmals minderwertig. Insgesamt enttäuschte der Gebrauchtmarkt ein wenig, da hier relativ wenige Privataussteller den Weg nach Essen gefunden hatten.

Als neuer Hersteller präsentierte sich PrimaLuceLab (https://www.primalucelab.com) auf der ATT. Hier arbeitet man an der automatisierten Beobachtung und bietet dazu die entsprechenden Produkte an. So konnte man beispielsweise mit dem EAGLE im Jahr 2017 eine Hot-Product-Auszeichnung in dem Astronomie-Magazin Sky&Telescope erreichen. Der EAGLE ist dabei ein Computer im Industrie-Design, welcher direkt mit in die Beobachterplattform integriert wird. Damit wird der normale Kabelsalat auf ein Minimum reduziert und die Montierung kann komplett remote mittels WLAN über eine bereits installierte Planetariumssoftware angesteuert werden. Ein Handcontroller wird dann nicht mehr benötigt. Zusätzlich kann die Astrokamera kontrolliert und die Bildersequenz angestoßen werden. Auch das Autoguiding kann dieser Rechner natürlich über z.B. PHD2Guiding übernehmen. Als neues Produkt wurde der Autofokussierer ESATTO vorgestellt, der eine automatische Nachführung der Fokussierung ermöglicht und an beliebige Teleskope adaptiert werden kann. Ein wichtiger Punkt bei der Realisierung einer vollautomatischen Aufnahmetechnik.

Traditionell war der Hersteller Celestron (https://www.celestron.com) im großen Ausstellungsraum vertreten und machte mit "Ready for the Moon" Werbung für 50 Jahre Mondlandung. Hier standen die RASA-Teleskope mit Schmidt-Fotoprinzip im Vordergrund. Diese Rowe-Ackermann-Schmidt-Astrographen bieten ein sehr schnelles Öffnungsverhältnis von ca. 1:2 (hängt von der Öffnung ab) und ein voll korrigiertes Gesichtsfeld für Astroaufnahmen. Inzwischen gibt es die RASA-Teleskope in 8", 11" und 14". Sie erfreuen sich immer größerer Beliebtheit, obwohl man mit ihnen nicht mehr visuell arbeiten kann. Etwas schüchterner, aber immerhin mal wieder mit dabei, präsentierte sich der zweite Schmidt-Cassegrain-Anbieter Meade (https://www.meade.com) auf der ATT. An einem kleineren Stand wurde das neue LX85 ACF, inklusive parallaktischer Montierung vorgestellt. Das ACF ist bereits korrigiert, so dass mit dieser SC-Optik auch fotografisch sofort losgelegt werden kann. Auf einen größeren Fuhrpark von Geräten wurde im Gegensatz zu früheren Messen verzichtet.

Ein weiteres Highlight war die erste vollautomatische Mini-Montierung MiniTrack LX2, die ohne Strom auskommt. Sie ist eine Zwitterprodukt aus Purus und AstroTrac, da sie auf der einen Seite mittels Federsystem aufgezogen werden muss und auf der anderen Seite einen langen Arm zur genaueren Nachführung anbietet. Sie wurde vom Händler AstroShop (https://www.astroshop.de) präsentiert, auf dessen Stand enorm viele Besucher waren. Die MiniTrack LX2 wurde in diesem Jahr als Hot-Produkt von Sky&Telescope ausgezeichnet und bietet den großen Vorteil, dass sie ohne Strom auskommt. Sie kann an jedem Fotostativ eingesetzt werden und ermöglicht schöne Übersichtsaufnahmen des Sternenhimmels. Nach 60 min muss sie allerdings neu aufgezogen werden und sie ist auch nur für den Nordsternhimmel geeignet. Auch größere Brennweiten sollte man eher nicht verwenden. Ein wirklich innovatives Produkt, das von Cristian Fattinnanzi aus Italien entwickelt und von Omegon (der Hausmarke von AstroShop) in Deutschland vertrieben wird.

Die Astrofarmen durften auch in diesem Jahr nicht fehlen. So konnte man hier zwischen La Palma (ATHOS - http://www.athos.org) und Namibia (Kiripotib - http://www.kiripotib.com) wählen. Der Trend auf Astrofarmen als Hobbyastronom einen optimaleren Sternenhimmel genießen zu können, als im heimischen Garten, hält dabei weiterhin ungebrochen an. Während ATHOS inzwischen auf neun Monate im Voraus ausgebucht ist, braucht man bei Kiripotib 1,5 Jahre Vorlaufzeit. Auch das Equipment wird immer weiter verfeinert. So hat ATHOS bis auf die EQ8-Montierung die SkyWatcher-Montierungen aus dem Programm genommen und durch 10Micron-Montierungen des Typs GM1000HPS ersetzt. Diese bieten eine so exakte Nachführung an, dass kein Autoguiding mehr notwendig ist. Dabei kommen immer mehr voreingestellte Montierungen, die fest eingenordet sind, zum Einsatz. Damit nähert sich ATHOS den Astrofarmen in Namibia an, die dieses Prinzip bisher angeboten haben – nur eben mit perfekter Einsüdung.

Die neue Astro-Zeitschrift „astronomie – das Magazin“ (https://www.astronomie-magazin.com) wurde ebenfalls wieder vorgestellt. Der Chefredakteur Dr. Stefan Deiters stand an seinem Stand in der großen Halle Rede und Antwort. Zusätzlich wurde ein Jahresabo zum Vorzugspreis angeboten, welches rege genutzt wurde. Ein erster Eindruck der ersten Exemplare war auch bisher sehr positiv. Das Layout ist sehr übersichtlich gehalten, die Zeitschrift macht haptisch einen hervorragenden Eindruck und es werden neben schönen Astrobildern auch sehr interessante Themen abgehandelt, die speziell auf Hobbyastronomen ausgerichtet sind. Man möchte dadurch die Klientel wiedergewinnen, die man durch die viel zu breite Ausrichtung von „Abenteuer Astronomie“ verloren hatte. Ob die notwendige Abonnentenzahl erreicht werden kann, muss sich allerdings erst noch zeigen. Am reinen Zeitschriftenhandel würde man auf jeden Fall zu wenig verdienen.

Ebenfalls wurde auf der ATT wieder parallel ein Vortragsprogramm auf die Beine gestellt. Während Harrie Rutten über „Geister in der Optik“ berichtete, stellte Prof. Ulrich v. Kusserow aus Bremen das magnetische Sonnensystem vor. Die meisten Zuhörer zog es allerdings zum Vortrag von Bernd Pröschold (https://www.sternstunden.net), der über dunkle Beobachtungsziele in Europa und Namibia berichtete. Der Vortragsraum war überfüllt, so dass einige Teilnehmer auf dem Boden sitzen mussten, was aber der Begeisterung keinen Abbruch tat. Auch Pröschold sucht durch die zunehmende Lichtverschmutzung immer mehr nach geeigneten Beobachtungsstandorten für seine Zeitrafferaufnahmen und hat seine Ergebnisse in seinem neusten Buch “Reiseziel Sternenhimmel“ zusammengetragen. Hierin sind über 25 Regionen aufgelistet worden, an denen noch uneingeschränkt der Astronomie nachgegangen werden kann. Das Buch bietet nicht nur Tipps, sondern wird auch durch zahlreiche Erlebnisberichte aufgelockert.

Mit den gesammelten Informationen und dem ein oder anderem Einkauf machte sich die AVL-Gruppe nachmittags zufrieden auf den Rückweg nach Hause. Alle Teilnehmer waren sich dabei einig, dass die ATT wieder sehr informativ war und sich sogar mehr gelohnt hatte, als im letzten Jahr. Der nächste Termin wurde daher im Kalender schon mal vorgemerkt: 09. Mai 2020.

Text: Dr. Kai-Oliver Detken

Bild: Dr. Kai-Oliver Detken, Jürgen Ruddek

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