35. BoHeTa stand im Zeichen der Sonne und erreichte neuen Besucherrekord

Die 35. Bochumer Herbsttagung stand dieses Mal ganz im Zeichen der Sonne und fand traditionsgemäß an der Ruhr-Universität Bochum statt. Dabei wurde sogar mit knapp 200 Teilnehmern ein neuer Besucherrekord aufgestellt. Ein Gast kam dazu sogar aus den USA angereist, was Rückschlüsse auf den Bekanntheitsgrad zuließ. Die AVL war dieses Jahr sehr gut vertreten und musste mit zwei Autos anreisen. Dies lag u.a. auch an dem Vortrag von Hans-Joachim Leue, der den Schroeter-Nachbau des 27füßigen Spiegelteleskops vorstellte.

Gestartet wurde die BoHeTa von Ralf Kratzke, der häufig mobile Astronomie betreibt. Er hatte dabei als Autor des Buches „Wie Herkules an den Himmel kam“ bei Lesungen das Problem, den Zuhörern den Sternenhimmel näherzubringen. Daher wich er auf mobile Astronomie aus, indem er eine mobile Sternwarte für seinen Transporter selbst baute, was er in seinem Vortrag eindrucksvoll präsentierte.

Über eine Sternenbedeckung berichtete hingegen Bernd Gährken. Nur wurde diese nicht am Mond durchgeführt, sondern am Zwergplaneten Pluto. Dabei bedingt eine gute Messung die Bedeckung mit ausreichender Amplitude, weshalb das Equipment vor dem ersten Einsatz immer überprüft werden sollte. Die Watec-Kamera hatte sich bisher immer für solche Objekte bewährt und wurde auch jetzt wieder eingesetzt. Das Wetter war bei dem Ereignis ausnahmsweise in ganz Deutschland hervorragend. Somit war auch die Transparenz am Messabend hervorragend. Die Lichtmesspunkte wurden ermittelt und die Sternbedeckung konnte klar festgestellt werden. Am Ende wurden die Ergebnisse mit den Profis verglichen, wodurch man einige Bestätigungen erhielt.

Im nächsten Vortrag berichtete Rainer Sparenberg über Panoramen in der Astrofotografie am Beispiel seiner Reise nach La Palma im Sommer diesen Jahres, die er mit Stefan Binnewies zusammen unternahm. Ihn faszinierte dabei die Panoramafotografie, weil man hier mehr Details auf den Bildern erkennen kann, als bei Einzelfotos. Als fotografische Ausrüstung reichen eine normale DSLR-Kamera und ein gutes Objektiv (z.B. Öffnungsverhältnis von 1/1,4) sowie ein Stativ aus. Da La Palma im Sommer besucht wurde, standen Milchstraßenaufnahmen natürlich auf dem Programm. Es wurden auch verschiedene Panorama-Software-Lösungen vorgestellt: Hugin (http://hugin.sourceforge.net), Adobe Photoshop CC und das professionelle Programm PTGuiPro (https://www.ptgui.com) mit dem auch 360-Grad- oder Little-Planet-Bilder umgesetzt werden können. Dabei wurden die gezeigten schönen Milchstraßen-Panoramen häufig mit höheren ASA-Werten (z.B. 6400 ASA) aufgenommen, da das Rauschen durch das Zusammenfügen der Bilder geringer ausfällt. So sind viele der gezeigten Bilder ohne Nachführung entstanden, auf denen trotzdem hervorragend viele Einzelheiten und Sterne erkennbar waren.

Im Anschluss berichtete Thomas Eversberg in seinem Vortrag über die Profi-/Amateur-Kampagne zu Wolf-Rayet-Sternen (WR-Sterne). Dazu wurden vier Monate am Pico del Teide von Teneriffa investiert. U.a. wurde WR 134 beobachtet, der ein massereicher Stern ist, mit einer typischen Leuchtkraft von einer Millionen Sonnenkräften. Hier entstehen Windgeschwindigkeit von bis zu 3000 km/s. Die Massenverlustraten können dabei bis zu milliardenfachen des Sonnenwindes anwachsen. Die Periode des WR-Sterns, der ja nicht direkt beobachtet werden kann, wurde dabei anhand der Umhüllung versucht zu bestimmen. Wasserstoff konnte dabei durch Spektroskopie festgestellt werden. Da Wasserstoff in der Nähe des Sterns entsteht, konnte man davon ausgehen, dass es sich vorher um die Messung der Periode der Sternrotation handelte. Als Fazit der Arbeit kam heraus, dass WR-Sterne sehr komplex strukturiert sind und die Winde ein extremes Langzeitverhalten zeigen. Dabei können die Stoßfronten im Wind als Sonden zur unsichtbaren Oberfläche (Photosphäre) verwendet werden. Einige WR-Sterne sind dabei bereits hell genug für kleinere Teleskope, weshalb auch Amateure bereits professionelle spektroskopische Daten liefern können. Über das neue VdS-Forum (http://forum.vdsastro.de) ist ein intensiver Austausch miteinander geplant.

Im anschließenden Vortrag der Astronomischen Vereinigung Lilienthal (AVL) wurde dann eine Reise zurück in die Vergangenheit gemacht, da über die Rekonstruktion des 27füßigen Spiegelteleskops (http://www.telescopium-lilienthal.de) von Johann Hieronymus Schroeter von Hans-Joachim Leue referiert wurde. Er erwähnte, dass viele namenhafte Astronomen in Lilienthal um 1800 tätig waren.  Einen Nachbau des damals größten europäischen Festlandsteleskops war schon seit Anfang 2000 geplant, scheiterte aber immer wieder an den finanziellen Möglichkeiten. Durch ausschließlich private Spenden konnte es am 28. November 2015 in Begleitung des ESA-Koordinators Thomas Reiter trotzdem noch eingeweiht werden. Zur Nachkonstruktion gab es nur Skizzen aus dem Jahr 1793, die zudem auch nicht sehr detailliert waren. Daher musste das Konstruktionsteam sich immer wieder neue Lösungen einfallen lassen. Am 15. März 2016 war es dann aber endlich soweit: das First Light des 27füßers mit 7,75 m Brennweite und einem Hauptspiegeldurchmesser von 50,8 cm konnte stattfinden. Astronomie-Geschichte lässt sich damit nun bewusst erleben. Das Teleskop kann öffentlich besichtigt und genutzt werden, wenn das Wetter es zulässt. 

Wie der Bau eines kleinen Planetariums mit Fulldome umgesetzt werden kann, wurde dann von Michael Koch berichtet, der von der Sternwarte St. Andreasberg angereist kam. Zielsetzung des Projektes war der Bau eines eigenen Planetariums, wozu nur geringe finanzielle Mittel zur Verfügung standen. Deshalb wurde als Projektor ein normaler Beamer verwendet, der als Objektiv ein handelsübliches Fisheye-Objektiv nutzte. 10-12 Leute passen unter die Kuppel, unter der man allerdings nicht sitzen kann. Aber das geht ja draußen in der freien Natur auch meistens nicht, weshalb dies kein Handicap darstellen sollte.

Eine Weiterführung des Vortrags von La Palma wurde von Michael Schomannvorgenommen, der über Fulldome bis zur virtuellen Realität von Tag- und Nachthimmel berichtete. Dazu müssen vier Kameras mit gleichen Objektiven gleichzeitig genutzt werden. Verwendet wurde bei den eindrucksvollen Aufnahmen die neue Sony-Kamera, die bis 500.000 ASA aufnehmen kann. Damit lässt sich Virtual Reality (VR) umsetzen, um sich z.B. in einem Panoramabild umschauen zu können. Die Handhabung mittels Brille muss aber noch entsprechend geübt werden.

Die Verleihung des Reiff-Preises für Amateur- und Schularbeiten wurde gewohnt souverän von Carolin Liefke vorgenommen. Preise werden dabei in zwei Kategorien jedes Jahr verliehen: für ältere Jugendliche oder Kindergarten und Grundschule. Als Projektbeispiele wurde u.a. das Friedrich-Schiller-Gymnasium in Weimar ausgezeichnet, welches Entfernungsbestimmungen mittels Parallaxenmessungen vorgenommen hat und dafür auch mit internationalen Partnern und anderen Schulen zusammenarbeitet.

Der Reiff-Vortrag wurde dieses Jahr von Werder Curdt gehalten, der das Magnetfeld der Sonne erläuterte. Früher dachte man u.a., dass Sonnenflecken Flächenbränden oder Apfellöchern ähneln. Heute weiß man, dass Sonnenflecken deutlich kälter als die restliche Sonnenoberfläche sind und dass es einen 11-Jahre-Sonnenzyklus gibt. Der aktuelle Sonnenzyklus verhielt sich allerdings etwas anders, als seine vorherigen: das Maximum war wesentlich kleiner und es gab zwei Maxima. Die Motoren des Sonnenzyklus sind zusammengefasst: differentielle Rotation und meridionale Konvektion. Durch die Sonnenaktivitäten ergeben sich aber auch Bedrohungen für die Erde, da in Zukunft noch stärkere Ausbrüche als das Carrington-Ereignis von 1859 zur Erde gelangen könnten. Dies hat man bei Untersuchung von Baumrinden festgestellt, die starke Sonnenstürme abgespeichert hatten. Bereits das Carrington-Ereignis würde unser Stromnetz für Wochen außer Gefecht setzen. Von daher bleibt die Beobachtung und Erforschung der Sonne auch in der Zukunft ein wichtiges Thema. 

Welche Möglichkeiten ein Amateur bei der Sonnenbeobachtung hat, wurde von Hartwig Lüthen präsentiert, der von seinem Balkon Astronomie betreibt. Wesentliche Gebiete für den Amateur sind dabei natürlich Weißlichtfotografie sowie H-Alpha-Aufnahmen. Neben Equipment-Erfahrungen wurde auch die Software SunMap (http://ralfpagenkopp.de/sunmap.html) vorgestellt, die die Positionsbestimmung von Sonnenflecken ermöglicht. Dazu sind nur die Lage der Kamera und der Zeitpunkt der Aufnahme relevant. Zur automatischen Überwachung von Sonnenflecken kann man hingegen das Plug-In FlareDetect (http://www.joachim-stehle.de/flaredetect.html) verwenden. Das Plug-In ist für FireCapture in der neusten Version 2.5 nutzbar. Es ermöglicht die Erstellung automatischer Aufnahmeserien, gesteuert durch die aktuelle Röntgenstrahlung der Sonne (Verwendung von GOES-Satellitendaten). So können Amateure auch wissenschaftlich die eigenen Sonnendaten auswerten. 

Wolfgang Bischof berichtete ebenfalls wie man Details der Sonne in Weißlicht und H-Alpha ablichten kann. Dafür nutzt er einen Energieschutzfilter von Baader mit einem H-Alpha-Filter. Ein 130mm-Refraktor mit einem Lacerta-Herschelkeil wird mit der CMOS-Kamera ASI174MM genutzt. Dabei sind Interferenzmuster im H-Alpha-Bereich bei der Kamera aufgefallen. Mit der Erstellung von Flats kann man diese Ringe aber kompensieren. Fleckengruppen im Weißlicht und bei H-Alpha wurden detailliert dargestellt. Eine Animation einer Fleckengruppe ist dabei bereits nach 2,5 Stunden im Detailbild machbar. Mittels des Stefan-Boltzmann-Strahlungsgesetzes lässt sich auch die Temperatur ermitteln. Die Überlagerung von Weißlicht und H-Alpha zeigte zusätzliche Strukturen, so dass beide Verfahren letztendlich ihre Berechtigung haben. 

Abschließend zeigte Manfred Mrotzek eine neue Methode zur Entfernungsbestimmung von Galaxiengruppen und -haufen von mehr als 1 Mrd. Lichtjahren. Bei den Untersuchungen eigener Aufnahmen stieß er immer wieder auf Galaxienfelder, für die es in Fachveröffentlichungen nur unzureichende oder keine Angaben zu den Entfernungen gab. Dabei stellte er fest, dass in größeren Gruppen von Galaxien bei bekannter Entfernung Spiralgalaxien zu finden sind, die kaum größer werden als 120000 Lichtjahre. Dadurch bräuchte man nur die größten Spiralgalaxien eines unbekannten Galaxienhaufens vermessen und käme damit auf die wahre Entfernung des gesamten Haufens. Dies wird durch einfache Dreiecksberechnung realisiert. Damit kann auch ein Amateur relativ einfach die Entfernung unbekannter Galaxienhaufen selbst bestimmen.

Am Schluss der Veranstaltung bedankte sich Peter Riepe bei allen Referenten für ihre Beiträge und bei den Besuchern für ihr Kommen. Der nächste BoHeTa-Termin ist schon wieder in Planung und wird wohl auf Anfang November fallen. Klar, dass dieses Datum bei ambitionierten Hobby-Astronomen sobald wie möglich im Kalender vermerkt wird.

Text und Bilder: Dr. Kai-Oliver Detken

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