35. VdS-Planetentagung fand in Gudensberg statt

Zu Pfingsten, zwischen dem 14.05. und 15.05.16, fand in Gudensberg nahe Kassel die 35. Planetentagung statt. Ungefähr 20 Teilnehmer waren angereist, um die neusten Informationen über das notwendige Equipment, Kameras, Bildverarbeitung und Auswertungsmöglichkeiten zu erfahren. Zusätzlich konnte am zweiten Tag noch die Schulsternwarte besichtigt und die Sonne im H-Alpha- und Weißlicht beobachtet werden. Die Tagung war sehr lebhaft und familiär, so dass in netter Runde neue Erkenntnisse zur Planetenbeobachtung gewonnen werden konnten. Ein eigener Vortrag zum Vergleich von CCD- und CMOS-Technik anhand zweier Kamerabeispiele trug ebenfalls zum Wissensaustausch bei. Dabei konnte die AVL ebenfalls kurz vorgestellt werden.

Die Veranstaltung begann mit einer kurzen Begrüßung und einer kleinen Vorstellungsrunde. Der Einstieg wurde mit einer optionalen Einsteiger-Beratung begonnen, indem Teleskope, Kameras und Software für Planetenaufnehmen kurz diskutiert wurden. Dabei kam heraus, dass Farbkameras immer besser werden, auch wenn sie eine 1/3 kleinere Empfindlichkeit durch die Bayer-Matrix besitzen. Man kann sie aber nicht mehr grundsätzlich ignorieren und sollte für sich selbst entscheiden, ob eine Farbaufnahme einfach zu handhaben ist. Durch De-Rotation lässt sich nämlich die erhaltene Unschärfe kompensieren, was man über WinJUPOS (http://www.grischa-hahn.homepage.t-online.de) erreichen kann. Ein Scharfstellen der Oberfläche kann man anhand der Jupiterstreifen (Kantenstrukturen) oder der Monde am besten vornehmen. Öffnung ist nach wie vor bei der Teleskopoptik wichtig, aber thermische Beherrschbarkeit ist wichtiger. Obstruktion spielt bei Planetenfotographen eigentlich keine Rolle, da der Kontrast später bei der Bildverarbeitung sowieso verändert wird. Besonders eifrige Planetenfilmer wie Bernd Gährken lassen eine Planetenaufnahme auch mal vier Stunden durchlaufen, um später in AutoStakkert (http://www.autostakkert.com) per Batchverarbeitung die Videos umwandeln und die besten 10 min zur späteren Verarbeitung heraussuchen zu können. Dabei entstehen natürlich ungeheure Datenmengen, die auch erst einmal beherrscht werden müssen.

Nach der Einführung wurde ein Workshop von Silvia Kowollik mit WinJUPOS durchgeführt, um Bilder vermessen und de-rotieren zu können. Auch eine Kartenerstellung wurde abschließend erläutert. Dabei wurde Rohmaterial gezeigt und anschließend die Bildverarbeitung durchgeführt. Dazu gehörten stacken, schärfen, Kontrast bearbeiten, Farben justieren und Farbränder durch atmosphärische Dispersion beseitigen. Dabei kam vornehmlich AutoStakkert beim Stacken zum Einsatz, da RegiStax wesentlich langsamer arbeiten und zusätzlich bei Videos über 2 GByte aussteigt. Zur Bildverarbeitung wurde Giotto (http://www.giotto-software.de) eingesetzt und vornehmlich zur Schärfung verwendet. Nach der Schärfung kann das Bild in WinJupos eingelesen werden. Dabei ist die Angabe des korrektes Datums und der exakten Uhrzeit ausschlaggebend. Die Zeit kann aus dem FireCapture-Textfile auch abgelesen werden. Das Laptop sollte aber vor einer Aufnahme über das Internet synchronisiert werden. Danach kann man den Planeten automatisch erfassen. Die RGB-Kanäle kann WinJUPOS nun de-rotieren und automatisch zusammensetzen. Danach kann noch einmal sachte nachgeschärft werden. Farbränder können abschließend durch RGB-Positionskorrektur in Giotto beseitigt werden. So ließ sich feststellen, dass Feinheiten durch De-Rotation besser herausgeholt werden können. Auch lassen sich so wesentlich längere Planetenvideos erstellen: es kann zwischen 5 und 50 min de-rotiert werden!

Alternativ kann man auch in FireCapture bei der Aufnahme eine De-Rotation einsetzen. Allerdings stellt sich hierbei die Frage, woher die Software weiß, wie die Position von Jupiter aktuell ist. Ein Atmospheric Dispersion Corrector (ADC) bringt ebenfalls Vorteile bei Nutzung von Farb- und Monochrom-Kameras. Dieser  korrigiert die Farbverschiebung durch die atmosphärische Dispersion und erhöht so die Schärfe bei Mond und Planeten. Wenn ein Objekt nahe am Horizont sich befindet, entsteht ein Effekt, der ähnlich wie beim Prisma ist. Die Objekte werden verzogen, sie bekommen eine Farbverschiebung - gerade bei dem tiefen Stand der Planeten in diesem Jahr wird diese Technik wichtiger. Zwischendurch wurde der Merkurtransit in Bildern und Videos gezeigt.

Nach dem Mittagessen wurde ein weiterer Workshop mit der Kurzvorstellung des Programms "Detect" von Silvia Kowollik durchgeführt. Mit diesem Programm kann man eigene Videos auf Impact-Ereignisse sehr einfach und komfortabel scannen. Beispiele lassen sich unter http://www.astrosurf.com/planetessaf/doc/project_detect.shtml  ansehen. Unter den eifrigsten deutschen Beobachtern ist momentan Bernd Gährken in der Liste zu sehen. Die Software durchsucht automatisch das Jupiter-Verzeichnis auf der eigenen Festplatte nach Einschlägen. Es entsteht kaum ein Bearbeitungsaufwand. Der Batch sollte angeworfen werden, wenn man abends nichts am Rechner zu tun hat, da schon recht viel Leistung gefordert wird. Bisher wurden vier Einschläge von Amateuren nachgewiesen.

Der Vortrag von Bernd Gährken über die Geminiden-Sternschnuppen 2015 stand im Anschluss auf dem Programm. Diese Sternschnuppen verhalten sich ja ähnlich zu den Perseiden und besitzen auch die gleichen Neumondtermine alle 4 Jahre. Es wurde dieses Mal in den Alpen beobachtet und mit einer Canon EOS 500D mit 30 sec bei 12.800 ASA dauerhaft belichtet. Die eigentlichen Aufnahmen wurden aber mit einer Watec-Kamera gemacht, weil diese wesentlich empfindlicher ist. Parallel wurde eine Zählung durchgeführt: so fielen beispielhaft zu einem bestimmten Zeitpunkt 21 Sternschnuppen in 20 sec, was in Videos eindrucksvoll präsentiert wurde. Zusätzlich wurde nach Clustern gesucht. So konnte abschließend der Radiant des Meteoridenstroms deutlich gezeigt werden.

Der Tag wurde mit dem Vortrag von Arnold Wohlfeil abgeschlossen, der aufzeigte, was man alles mit einem Raspberry Pi für die Astronomie machen kann. Ziel war es dabei einen Livestream ins Internet stellen zu können. Dadurch könnten potenzielle Besucher einer Sternwarte vorher nachsehen, ob es sich überhaupt lohnt hinzufahren. Um das Ziel zu erreichen wurde die Kopplung einer Frame-Grabber-Karte mit einem Raspberry Pi durchgeführt. Zusätzlich wurde ein Bewegungsdetektor eingesetzt, der Bilder in Abständen speichert. Anschließend können die Daten über den integrierten Webserver online abgerufen werden. Das Ziel konnte mit einfachen Mitteln erreicht und direkt vorgeführt werden. Auch als Wetterstation lässt sich so ein Raspberry Pi gut verwenden.

Der zweite Tag begann mit dem Bau einer Dachsternwarte bzw. es berichtete Herwig Diessner darüber, wie er dieses Projekt umgesetzt hat. Er stieg 2013 wieder in das Hobby ein, nachdem er als Schüler mal sehr aktiv war und machte dies dann ohne Kompromisse. Die Dachsternwarte wurde selbst  geplant und als Gaube genehmigt. Dabei entstanden Fragen zur Statik des Hauses, Baugenehmigung, Schwingungen, Vibrationen und Kältebrücken. Die Fernsteuerbarkeit wurde mit einbezogen, um nicht immer direkt in der Sternwarte sitzen zu müssen. Eine Baader-Kuppel wurde abschließend aufgesetzt und wasserdicht abgeschlossen. Nun werden mit einer 10micron GM3000HPS Montierung verschiedene Optiken (LX200, ED80 etc.) verwendet, die in Zukunft allerdings noch verbessert werden. Eine Wetterstation wurde ebenfalls mit eingeplant und eingebaut: bei starkem Wind wird die Kuppel damit automatisch zugefahren. Die Mondfinsternis von 2015 wurde dann zum ersten Mal komplett automatisiert aus der Sternwarte heraus fotografiert. Die vorgestellten Bilder sprachen dabei für sich.

Danach berichtete Kai-Oliver Detken von der AVL über CCD- versus CMOS-Kameras und seine Erfahrungen mit den Modellen DMK21AU618.AS und ZWOptical A.S.I. 178MM hinsichtlich Empfindlichkeit, Pixelgröße und erreichbarer Bildanzahl pro Sekunde. Dabei stellte die ASI178MM den Jupiter am selben Teleskop bei gleicher Brennweite deutlich größer dar. Zusätzlich liefert die ASI-Kamera 4mal so viele Bilder pro Sekunde wie die DMK-Kamera und ist in der Lage verschiedene Auflösungen direkt in der Software einzustellen. Man muss daher mit einem C11-Teleskop keine Barlowlinse mehr zusätzlich einsetzen oder kann auch mit Refraktoren bereits Planeten in einer ordentlichen Größe darstellen. Der Vorteil ist dabei, dass dies auch bei einem größeren Öffnungsverhältnis von 1/10 bereits gelingt. Die Planeten werden dadurch auch heller dargestellt. Der Vortrag zeigte interessante Aspekte der Weiterentwicklung heutiger Kameratechnik auf.

In einer Kurzdemonstration wurde abschließend das Programm PIPP (https://sites.google.com/site/astropipp/home) zum Debayern von RAW-Videos von Silvia Kowollik präsentiert. Dabei wurde PIPP zur Umwandlung von monochromen Videos in Farbvideos verwendet. Auch die Kacheln aus dem s/w-Video verschwinden dadurch. Ziel war es, dass die Videos für Vorführungen am Beamer bei Vorträgen oder Veranstaltungen so besser präsentiert werden können, als es eine reine s/w-Variante vermag. 

Nach dem Mittagessen ging es dann raus zur Besichtigung der Schulsternwarte Gudensberg (http://www.schulsternwarte-gudensberg.de), die von Jörg Meyer und Gerhard Rausch fachmännisch begleitet wurde. Hier konnten die Teilnehmer mit den vorhandenen Sonnenfiltern Protuberanzen, Sonnenflecken und Granulationen eindrucksvoll entdecken, da das Wetter überraschenderweise mitspielte. Dabei kam auch ein Eigenbau eines Doublestack 60/500mm Lunt-H-Alpha Pressure-Tuning-Teleskops zum Einsatz. Es sind mehrere Fernrohre im Einsatz, u.a. auch zwei Schmidt-Cassegrain-Teleskop C11 und C14 von Celestron, die auf einer Sideres-85-Montierung angebracht sind. Das Dach der Sternwarte kann komplett abgefahren werden. Der Beobachtungsschwerpunkt wird, auch aufgrund der zunehmenden Lichtverschmutzung durch den Ort, auf Planeten, Mond und Sonne gelegt.

Die nächste Planetentagung wird wieder in Gudensberg stattfinden. Allerdings wird man den Termin wohl in den Herbst verlegen, da es zunehmend Schwierigkeiten mit anderen Pfingstterminen gab. Unter http://www.planetentagung.de wird der neue Termin zeitnah veröffentlicht werden.

Text: Dr. Kai-Oliver Detken 

Bilder: Dr. Kai-Oliver Detken, Oliver Schneider (komplettes Gruppenbild), Schulsternwarte Gudensberg (Sonnenbilder)  

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