Erwischt: die ISS vor der Sonne

Erwischt: die ISS vor der Sonne

Astroobjekt des Monats September 2025

Die Astrofotografie lebt oft von langen Belichtungszeiten - besonders in der Deep-Sky-Fotografie, wo sich Aufnahmen über viele Stunden erstrecken. Ganz anders ist es bei einem Transit der Internationalen Raumstation (ISS) vor Sonne oder Mond: das Spektakel dauert nur wenige Zehntelsekunden bis maximal drei Sekunden. Eine präzise Vorbereitung ist daher entscheidend. Eine 45-sekündige Wolkenlücke hat in diesem Fall gereicht, um dieses Foto aufzunehmen.

Die ISS umkreist die Erde in etwa 400 km Höhe, mit einer Bahnneigung von 51,6° und benötigt für eine Umrundung rund 92 Minuten. In der Abend- oder Morgendämmerung ist sie gut sichtbar, da sie von der Sonne angestrahlt wird, während der Himmel schon/noch dunkel ist. Dann erscheint sie auf Weitwinkelaufnahmen als heller Streifen. Noch spannender wird es jedoch, wenn man die Raumstation beim Transit vor der Sonne oder dem Mond fotografiert: Vor der hellen Scheibe lassen sich die Strukturen der Station deutlich erkennen.

Für ein gelungenes Transitfoto braucht es exakte Planung. Zunächst muss man herausfinden, wann und wo das Ereignis sichtbar sein wird. Bei diesem Foto wurde die Planung mit www.transit-finder.com gemacht. Nach Eingabe der eigenen Standortkoordinaten lassen sich dort gezielt Transits vor Sonne oder Mond suchen.

Wichtige Einstellungen sind:

  • "Satelliten-Überflüge" deaktivieren
  • Gewünschten Suchradius festlegen

Die Berechnung liefert anschließend eine Liste aller sichtbaren Transits im gewählten Zeitraum. Zu beachten ist hierbei, dass die ISS ab und zu Kurskorrekturen vornimmt und der Transit sich um einige Kilometer verschiebt. Daher unbedingt vor der Fahrt noch einmal prüfen. Empfehlenswert ist es einen Transit zu wählen, an dem die ISS eine "ISS angular size:" um die 50" oder größer besitzt, da sie so wesentlich besser im Bild zu erkennen ist. Die beste Größe der ISS erreicht man um die Mittagszeit. Auf einer Karte kann man sich die möglichen Transits anschauen und mit Klick auf die Zentrallinie die exakt benötigten Werte auslesen.

Für dieses Bild waren das:

  • Exakter Zeitpunkt: 2025-08-06 15:29:27.82
  • Dauer: Transit duration: 0,74s
  • Größe der ISS: ISS angular size: 48.98
  • Standort: = 53° 08´ 58.94" N; 8° 53´ 04.07" E; h = 0 m (übersetzt: Lilienthal, Feldhausen)

Da die Beobachtung oft mit einer Fahrt zur Zentrallinie verbunden ist, sind kompakte Reiseteleskope und stabile Montierungen mit Nachführung praktisch. Es funktioniert allerdings auch problemlos mit einer Spiegelreflexkamera, Teleobjektiv und Stativ. Entscheidend ist die Wahl der Kamera: je höher die Bildfrequenz, desto mehr Phasen des Transits werden festgehalten. Während viele DSLR nur 3-4 Bilder pro Sekunde schaffen, nehmen spezialisierte Astro-CCDs mit 30-60 fps (oder mehr) auf. Zusätzlich unverzichtbar: eine präzise Uhr mit Sekundenanzeige. Smartphones sind hier bestens geeignet, da sie ihre Zeitangaben per GPS-Signal synchronisieren können (dies muss meistens in den Einstellungen manuell geändert werden) und damit genauer sind als viele klassische Armbanduhren.

Dieses Bild wurde mit einer Vollformatkamera, einem 150-600mm Telezoomobjektiv und einem 1,4-Fach Konverter aufgenommen. Damit die Sonne die Ausrüstung nicht beschädigt, war vor dem Objektiv eine Sonnenfilterfolie in einem für das Objektiv passenden 3D-gedrucktem Rahmen angebracht (Wichtig: ohne geeigneten Schutz nicht in die Sonne schauen! Auch fotografische Sonnenfilterfolie ist für die Augen kein ausreichender Schutz!). Die Kamera war auf einem Star Tracker (StarAdventurer 2i pro) montiert, damit die Sonne bei der langen Brennweite nicht im entscheidenden Moment aus dem Bild läuft. Nachdem das System aufgebaut war, konnte ich eine Viertelstunde vor dem Transit ein kurzes durchschimmern der Sonne durch den Wolkenvorhang zum Ausrichten und Fokussieren nutzen. Für eine knappe Minute rund um den Transitzeitpunkt hatte ich dann das Glück, das die Sonne nur noch von einigen Wolkenfetzen bedeckt war. Drei Sekunden vor dem Transitzeitpunkt habe ich dann per Funkfernauslöser den schnellen Serienbildmodus (7fps) gestartet und die Kamera zehn Sekunden durchgehend Bilder machen lassen. Auf vier Aufnahmen war die ISS abgebildet. Diese wurden dann nachträglich bearbeitet (schärfen, Kontrast, Weißabgleich) und für ein Bild des kompletten Transits zusammengesetzt.
Ein Bildausschnitt zeigt die ISS noch einmal deutlicher.

Aufnahmedaten:

Kamera: Nikon D850
Objektiv: Sigma 150-600 Contemporary
Converter: Sigma Tele-Konverter TC-1401 (1,4-Fach)
Filter: AstroSolar Foto Folie OD 3.8. Sonnenfilterfolie
Brennweite: 850 mm (an Vollformat)
Blende: f/13
Belichtungszeit: 1/2500 s
ISO: 64 ASA

© Foto und Text: Felix Widera (AVL)

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