Die Cassini Equinox Mission

Die Cassini Equinox Mission

In meinem letzten Artikel habe ich über meine Beobachtungen des Saturns während der Kantenstellung der Ringe berichtet. Es war ja leider so, dass dieses Ereignis von der Erde aus nur schwer zu beobachten war, weil Saturnsich nahe der Konjunktion mit der Sonne befand. Aber dank der Raumsonde Cassini war es zum ersten Mal möglich, ein Äquinoktium des Saturns aus der Nähe zu verfolgen.

Cassini wurde am 15. Oktober 1997 gestartet. Nach mehreren Vorbeiflügen anVenus, Erde und Jupiter erreichte die Sonde den Planeten Saturn am 1. Juli 2004 und schwenkte in eine Umlaufbahn ein. An Cassini angekoppelt war die europäische Sonde Huygens, die am 25. Dezember 2004 abgekoppelt und auf den Weg zum Titan gebracht wurde. Am 14. Januar 2005 trat sie in dieTitanatmosphäre ein, schwebte etwa 2 ½ Stunden an einem Fallschirm durch die Luft und landete schließich sicher auf dem Boden, von wo aus sie nochmehr als eine Stunde lang Daten zur Erde funkte. Dies war die erste Landung einer Raumsonde auf dem Titan überhaupt und ein Riesenerfolg für die europäische Raumfahrt.

Seit sie am Saturn angekommen ist, untersucht Cassini den Planeten und seine Monde systematisch aus der Nähe. Ursprünglich war geplant, dass die Sonde vier Jahre lang den Saturn umkreisen sollte, und zwar von Juli 2004 bis Juni 2008. Dann wurde die Mission aber um zwei weitere Jahre verlängert, und Cassini wird jetzt bis September 2010 fliegen. Das ermöglicht die Untersuchung das Saturnsystems während des Äquinoktiums, weswegen die erweiterte Mission den Namen „Cassini Equinox Mission“ trägt.

Während der letzten Jahre hat Cassini viele neue Erkenntnisse über die Struktur und Dynamik der Saturnringe geliefert. Daten vom August 2009 haben gezeigt, dass die Ringe überraschend große Strukturen senkrecht zur Ringebene aufweisen. Die Bilder zeigten vertikale Anhäufungen vonRingteilchen von mehreren Kilometern Höhe, etwas was bisher noch nie gesehen wurde. Man hatte bisher angenommen, dass die Ringe überall wesentlich dünner als 1 km sind, aber jetzt zeigt sich, dass sie senkrechte Wände enthalten, die mehrere Kilometer hoch sind. Die Wissenschaftlerin Carolyn Porco kommentiert die Ergebnisse auf der Cassini-Webseite mit: „Isn’tthat the most outrageous thing you could imagine? It truly is like somethingout of science fiction.“

Mit Hilfe des Infrarotspektrometers war es möglich, die Temperatur der Ringe während des Äquinoktiums zu messen. Der A-Ring kühlte auf die niedrigsteTemperatur ab, die je im Ringsystem gemessen wurde, nämlich auf -230 °C.Außerdem beobachteten die Wissenschaftler einige helle Streifen in den Ringen, bei denen es sich anscheinend um Staubwolken handelt, die möglicherweise durch Zusammenstöße von Ringteilchen mit Meteoriden entstanden sind.

Und vor allem natürlich lieferte die tiefstehende Sonne in der Zeit um das Äquinoktium ein unglaubliches Spiel von Licht und Schatten in den Saturnringen. Dadurch sahen die Wissenschaftler das Ringsystem geradezuräumlich, und die Daten erlaubten wie nie zuvor die Untersuchung der dreidimensionalen Strukturen der Ringe. Ein Beispiel sind die oben beschriebenen vertikalen Wände im Ringsystem, die bei der tiefstehenden Sonne auffallend hell erschienen und Schatten auf die benachbarten Ringregionen warfen. Aber nicht nur sie warfen Schatten. Z. B. wurde ein neuer kleiner Mond am äußeren Rand des B-Rings entdeckt, weil er sich plötzlichdurch einen langgestreckten Schatten auf dem Ring verriet. Außerdem konnte man zum ersten Mal auch von den großen und bekannten Mondenlanggestreckte Schatten auf den Ringen aus der Nähe sehen und untersuchen.

Neben allen anderen Dingen waren die Monate um das Äquinoktium herum eine besonders gute Zeit, um die sogenannten „spokes“ zu untersuchen. Dabeihandelt es sich um radiale helle oder dunkle Streifen in den Ringen, die zumersten Mal auf den Voyagerbildern gesehen wurden. Sie entstehen durch die Streuung von Sonnenlicht an mikroskopisch kleinen Ringpartikeln, die nachAnsicht der Wissenschaftler elektrisch geladen sind und daher vom Magnetfelddes Saturns beeinflusst werden. Es ist aber bisher unklar, wie die die spokeserzeugenden Ringteilchen entstehen und wie groß die Teilchenmengen sind.

Außer den Ringen untersucht Cassini seit 2004 auch die Saturnatmosphäre imDetail. Im Oktober 2009 beobachtete die Sonde in den hohen nördlichenBreiten des Planeten das größte Polarlicht, das jemals im Sonnensystemgesehen wurde. Mit dem Fortschreiten der Jahreszeit auf Saturn zumÄquinoktium hin wurde die Nordhalbkugel des Saturn immer mehr beleuchtetund kann jetzt besser als je zuvor untersucht werden.

Großes Interesse galt nicht nur dem Planeten sondern auch den Monden, vorallem Titan. Cassini flog immer wieder nahe an ihm vorbei, und mit Hilfe der Radardaten der Sonde konnte zum ersten Mal eine Karte der Oberfläche desTitan erstellt werden. Die Wissenschaftler entdeckten Seen mit flüssigem Methan und Ethan, und sie gehen davon aus, dass es auch Methan und Ethan regnet. Besonders interessant ist, dass in den hohen nördlichen Breiten desTitans ein viel größerer Teil der Fläche mit Seen bedeckt ist als in den hohensüdlichen Breiten. Es wird vermutet, dass diese Unterschiede auf die Exzentrizität der Bahn des Saturns um die Sonne zurückzuführen sind. Die unterschiedlichen Abstände Sonne-Saturn während eines Saturnjahres führen möglicherweise dazu, dass auf den verschiedenen Halbkugeln des Titan unterschiedliche Mengen Methan und Ethan auf die Oberfläche regnen und später wieder verdampfen.

Neben aller Wissenschaft hat Cassini in der Zeit um das Äquinoktium herum unglaubliche und bisher nicht dagewesene Bilder vom Saturnsystem aufgenommen und zur Erde geschickt. Ich kann mir vorstellen, dass ich nicht die Einzige bin, die in diesen Monaten viel für einen Fensterplatz an Bord von Cassini gegeben hätte.

Prof.Barbara Cunow, Pretoria, Südafrika

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