Nebenwirkungen eines Kometen

Nebenwirkungen eines Kometen

Dass Jupiter ein windiger Planet ist, wissen wir schon lange. Aber was sich in Jupiters Stratosphäre abspielt, war bisher nicht bekannt. Wenn man Jupiter beobachtet, sieht man eine Oberfläche aus Wolkenbändern und -wirbeln. Wenn man die Bewegung dieser Wolken misst, kann man die Windgeschwindigkeiten der unteren Atmosphäre ermitteln. In der Nähe der Pole des Jupiter lassen sich starke Polarlichter beobachten, und man weiß, dass in den Polarlichtregionen in der oberen Atmosphäre starke Winde auftreten. Aber was in den Regionen dazwischen, also in der mittleren Atmosphäre bzw. Stratosphäre los ist, konnte man bisher nicht messen, da sich dort keine Wolken befinden, die die Winde sichtbar machen würden.

Nun ist es aber doch gelungen, die stratosphärischen Winde direkt zu beobachten, und das haben die Wissenschaftler dem Kometen Shoemaker-Levy 9 zu verdanken, der 1992 bei einem nahen Vorbeiflug an Jupiter in 21 Teile zerbrach, die im Juli 1994 nacheinander in einem Zeitraum von sechs Tagen auf der Südhalbkugel des Planeten einschlugen. Dieses Ereignis hatte zur Folge, dass sich in der Stratosphäre Moleküle bildeten, die es vorher dort nicht gab und die man nun von der Erde aus nachweisen konnte.
Mithilfe von ALMA ist es einer Gruppe von Astronomen gelungen, in Jupiters Stratosphäre Blausäuremoleküle zu finden und ihre Bewegungen zu vermessen. Die Beobachtungen fanden im Jahr 2017 statt, die Ergebnisse wurden jetzt veröffentlicht.
Es stellte sich heraus, dass die Stratosphäre eine extrem windige Region ist, in der Windgeschwindigkeiten bis zu 1450 km/h auftreten. Das ist mehr als das Dreifache der höchsten Geschwindigkeiten in irdischen Tornados und auch für Jupiterverhältnisse ist das sehr hoch. Die Windgeschwindigkeiten im großen roten Fleck, dem größten Sturm des Sonnensystems, erreichen dagegen “nur” etwa 600 km/h.
Bei den gemessenen stratosphärischen Winden handelt es sich um energiereiche Jets, die sich unterhalb der Polarlichter in der Nähe der Pole des Jupiter befinden. Es ist möglich, dass diese Jets einen riesigen Wirbel mit einem Durchmesser von bis zu 50000 km und einer Höhe von 900 km bilden.

Die neuen Ergebnisse sind eine Überraschung, da man bisher angenommen hatte, dass die Geschwindigkeit der Winde in der hohen Atmosphäre in der Nähe der Pole mit abnehmender Höhe abnehmen würde und dass in der Stratosphäre keine hohen Windgeschwindigkeiten vorkommen. Was man jetzt gemessen hat, zeigt, dass das Gegenteil der Fall ist.
Die Existenz der extrem starken stratosphärischen Winde in den Polregionen ist nicht die einzige Überraschung für die Wissenschaftler. Auch in der Nähe des Jupiteräquators wurden in der Stratosphäre hohe Windgeschwindigkeiten gemessen. Die Jets in diesen Regionen bewegen sich mit etwa 600 km/h.

Ich erinnere mich noch gut an die Einschläge der Fragmente von Shoemaker-Levy 9 im Juli 1994. Dieses Ereignis war so einmalig, dass es weltweite Aufmerksamkeit fand und uns zum ersten Mal die möglichen Gefahren von Kometen- oder Asteroideneinschlägen auf der Erde vor Augen führte. Aber dass dieses Ereignis 23  Jahre später die erste Vermessung der stratosphärischen Winde auf Jupiter ermöglichen würde, hat damals mit Sicherheit noch niemand geahnt.

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