Wetterkapriolen auf dem Jupiter

Wetterkapriolen auf Jupiter

Eigentlich müsste Jupiter eine Vermisstenanzeige aufgeben: „DunkelbraunesWolkenband verschwunden, 20000 km breit und 400000 km lang. Wer es findet, möchtees bitte bei Jupiter abgeben. Hohe Belohnung!“ Seit Mai dieses Jahres sieht Jupiternämlich nicht mehr so aus, wie wir ihn kennen, und die Wissenschaftler können dieVorgänge auf dem Planeten bislang nicht erklären.

Wer Jupiter mit einem Teleskop beobachtet, dem fallen sofort die beiden großen dunklenWolkenbänder ins Auge, die den Planeten in Ost-West-Richtung umspannen. Dabeihandelt es sich um das Nördliche und das Südliche Äquatorband (abgekürzt NEB und SEB). Der Große Rote Fleck, ein gigantischer Wirbelsturm, der seit über 300 Jahren tobt,befindet sich in der Südhälfte des SEBs. Seit Mai ist nun das Südliche Äquatorbandverschwunden. Wenn man jetzt Jupiter mit einem Teleskop ansieht, ist er nicht wiederzuerkennen.

Das NEB erscheint unverändert, der Große Rote Fleck ist nach wie vor vorhanden, aber das SEB ist einfach weg. Statt dessen sieht man eine helle Oberfläche, von der sich derGroße Rote Fleck deutlich abhebt. Der NASA-Planetologe Glenn Orton beschreibt dasVerschwinden des SEBs als ein „großes Ereignis“. Er und seine Kollegen beobachtenJupiter sehr sorgfältig, aber bislang versteht niemand so recht, was sich auf demGasplaneten abspielt.

Es ist nicht das erste Mal, dass das SEB unsichtbar ist. Es verschwindet in unregelmäßigen Abständen für jeweils mehrere Monate bis zu zwei Jahren, zuletzt 1973-1975, 1989/90, 1993 und 2007, wobei das Ereignis vor drei Jahren nur kurz war und nichtzu einem vollständigen Verschwinden des SEBs führte. Wann das SEB wieder auftauchtund wann es das nächste Mal unsichtbar wird, kann niemand voraussagen.

Da das SEB den ganzen Planeten umspannt, handelt es sich bei seinem Verschwindenund Wiederauftauchen um Prozesse in der Jupiteratmosphäre, die den ganzen Planetenbeeinflussen. Es wird vermutet, dass das SEB gar nicht verschwunden ist, sondern dasssich über ihm eine helle Schicht von Zirruswolken aus Ammoniakkristallen gebildet hat, die das SEB abdeckt. Änderungen der globalen Gasströmungen könnten dazu geführthaben, dass ammoniakreiches Material in die kalte Region über dem SEB transportiert worden ist, was dann zur Entstehung von Eiskristallen und Zirruswolken führte.

Viele Vorgänge in der Jupiteratmosphäe sind bis heute ungeklärt. Z. B. weiß niemand genau, warum der Große Rote Fleck rot ist und was ihn so stabil macht. Genauso wenig weiß man, was den Äquatorbändern ihre braune Farbe gibt und warum das NEB nichtauch gelegentlich unsichtbar wird. Orton sagt: „Wir haben ein lange Liste von Fragen.“

Für einen Amateurastronomen gibt es jetzt drei Dinge zu tun: Beobachten, beobachten und beobachten. Wir können verfolgen, wie Jupiter ohne SEB aussieht und wie sich derGroße Rote Fleck verhält. Irgendwann, und das kann jederzeit von jetzt bis in zwei Jahren sein, wird das SEB wieder sichtbar werden. Der australische Amateurastronom Anthony Wesley, der Jupiter seit Jahrzehnten beobachtet, meint: „Das Wiederauftauchendes SEB wird plötzlich und dramatisch sein. Gruppen von Wirbelstürmen werden sich inder Region des SEB innerhalb von einer Woche oder so bilden.“ Diese Prozesse werdenso auffallend sein, dass sie auch mit kleinen Teleskopen zu sehen sein werden. Damitkann ich nur allen Jupiterenthusiaten wünschen: Viel Erfolg beim Beobachten!

Prof.Barbara Cunow, Pretoria, Südafrika

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