Was ist der Lyman-Alpha Waldund wie tief ist er?
Um diese Frage beantworten zu können, müssen wir uns zunächst ein wenig der Atomphysik widmen.
Das Wasserstoffatom ( H ) ist das einfachste Atom, das es gibt. Ein H-Atombesteht aus einem Proton als Atomkern und einem Elektron in der Atomhülle. Trifft nun Licht auf ein H-Atom, so kann das Elektron durch die Energie des Lichts bei einer bestimmten Wellenlänge auf eine höhere energetische Stufe gehoben werden. Derartige energetisch höhere Bahnen des Elektrons werden als angeregte Zustände des Atoms bezeichnet. Die angeregten Zustände eines Atoms können aber nicht kontinuierlich existieren, sondern nur als diskrete (gequantelte) Stufen bzw. Elektronenbahnen. Dies gilt allgemein, also nicht nur für das H-Atom. Der Übergang von neutralem Wasserstoff in den ersten angeregten Zustand, genannt Lyman-Alpha-Übergang, erfordert eine Energiezufuhr von 10,2 Elektronenvolt (eV). Diese Energie entspricht der Energie eines Photons der Wellenlänge von 121,6 Nanometern (nm)(vergl. Bild 1).
Fällt also Licht mit 121,6 nm auf ein H-Atom, so wird das Licht vom Elektron des H-Atoms absorbiert und in einem kontinuierlichen Spektrum (weißes Licht) erscheint genau bei dieser Wellenlänge ein dunkler Streifen, eine sogenannte Fraunhofer-Linie. Durchläuft nun das Licht, z. B. eines weit entfernten Quasars auf dem Weg zu uns eine Vielzahl von Wolken des neutralen, atomaren Wasserstoffs, so enthält das Quasar-Spektrum auf Grund der unterschiedlichen Entfernungen der Wolken zu uns eine Vielzahl unterschiedlich rot verschobener Fraunhofer-Linien (vergl. Bild 2). Diese Linien-Folge wird als Lyman-Alpha-Wald bezeichnet.

Je weiter die Lichtquelle von uns entfernt ist, umso mehr Wasserstoffwolken wird das Licht von der Quelle bis zu uns im statistischen Mittel durchlaufen. Auf Grund der mit wachsender Entfernung zunehmenden kosmischen Rotverschiebung des Lichts kann man dann aus dem Helligkeits-Rotverschiebung-Diagramm die entfernungsmäßige Verteilung der Wasserstoff-wolken abschätzen (vergl. Bild 3).
Die Tiefe und Dichte des “Waldes“ hängt dabei unmittelbar von der Entfernung des strahlenden Objekts zu uns und der dazwischen liegenden Menge von Wasserstoffwolken ab. Damit bietet der Lyman-Alpha-Wald den Astronomen ein weiteres Hilfsmittel, die Struktur und die Materieverteilung des Universums zu erforschen.
Autor: Dr. Peter Steffen