39. BoHeTa berichtete über Remote-Sternwarten und Asteroiden-Schutzprogramme

Die traditionelle Bochumer Herbsttagung fand nach drei Jahren endlich einmal wieder an der Ruhr-Universität Bochum statt. Zweimal musste sie wegen der Corona-Pandemie leider abgesagt werden, da eine virtuelle Veranstaltung für das Organisationsteam nicht infrage kam. Denn diese Tagung lebt nun einmal von dem persönlichen Austausch ihrer Teilnehmer, wie Peter Riepe im Vorfeld betonte. So konnten die 150 Besucher eine lebhafte achtstündige Veranstaltung erleben. Und auch in diesem Jahr gab es wieder (fast schon traditionell) eine aktive Beteiligung von AVL-Mitgliedern im Vortragsprogramm.

Im ersten Vortrag berichtete zunächst Stefan Korth über das Thema Infrarotastronomie für Amateurbeobachter. Allerdings ist nicht jede Kamera in der Lage diesen Wellenlängenbereich zu erfassen. Starten kann man bereits mit Infrarot-Langpassfiltern, die mit handelsüblichen CMOS-Kameras zum Einsatz kommen können. Professionelle Infrarotkameras sind allerdings wesentlich kostspieliger, können aber über Remote-Anbieter genutzt werden.

Dieses Stichwort nahm Dr. Kai-Oliver Detken zum Anlass, um die neue Arbeitsgruppe Remote-Sternwarten der Vereinigung der Sternfreunde (VdS) vorzustellen. Ziel ist es, ein jüngeres Publikum für die Astronomie zu begeistern und einen Mehrwert für die VdS-Mitglieder zu schaffen. Dabei sollen eine oder mehrere Sternwarten an Orten gebaut werden, die einen optimalen Sternenhimmel bieten und so wenig Lichtverschmutzung wie möglich besitzen. Ein erstes Projekt soll bereits im kommenden Jahr ein First Light ermöglichen. Als erster Standort wurde Namibia ausgewählt und das erste Projekt ist auf der Astrofarm Hakos bereits in der Umsetzung. Aktuell besteht die Fachgruppe aus über 70 Teilnehmern – weitere sind jederzeit willkommen und können sich über die Webseite anmelden.

Wie ein Bild wissenschaftlich analysiert werden kann, dass durch eine Remote-Sternwarte entstanden ist, stellten Dr. Jürgen Beisser von der Astronomischen Vereinigung Lilienthal (AVL) und Peter Riepe von der VdS in ihrem Beitrag dar. Dabei wurde im ersten Schritt ausgeführt wie man Remote-Sternwarten nutzen kann. Dabei bietet die Mietvariante High-end-Komponenten an, mit der dann auch das Bild von den Galaxien NGC 3169 und NGC 3166 aufgenommen wurde. Es handelt sich dabei um miteinander wechselwirkende Galaxien, die ca. 73 Mio. Jahre von uns und 163.000 Lichtjahre voneinander entfernt sind. Mindestens drei Sternströme und ggf. neue Zwerggalaxien lassen sich auf der tiefen Belichtung erkennen. Peter Riepes Fazit lautete deshalb: man sollte nicht nur auf Pretty-Picture-Ergebnisse aus sein, sondern sich als Astrofotograf auch mit den belichteten Objekten beschäftigen.

Nach der ersten Pause ging es dann noch wissenschaftlicher zu, denn Ernst Pollmann berichtete über das spektroskopische Portrait des Be- und Hüllensterns Plejone in den Plejaden. Dabei erklärte er in einer künstlichen Darstellung das Doppelsternsystem, wie es für Plejone zutreffen könnte. Er knüpfte damit an die BoHeTa-Veranstaltung von vor drei Jahren an, die Be-Sterne u.a. als Schwerpunktthema hatte.

Der Hamburger Peter Bresseler machte danach wieder einen Schwenk zurück zur Astrofotografie. Er beschäftigt sich mit sehr kurzbelichteten Aufnahmen, die er in großen Mengen anfertigt, um die besten davon aufaddieren zu können. Er nutzt dafür das Prinzip des Lucky Imaging, ähnlich wie bei der Planetenfotografie. Ein Einzelbild wird bei ihm nur 500 ms bis 1 s kurz belichtet. Wie gut sein Bildakquise/-Bearbeitungsprozess funktioniert wurde eindrucksvoll anhand einiger PN-Aufnahmen gezeigt, die auch teilweise in der Fachzeitschrift Sterne und Weltraum veröffentlicht werden konnten.

Im Anschluss stellte Jens Leich seine ersten Erfahrungen mit dem neuen Cassegrain-Spiegelteleskop Mewlon 210 von Takahashi vor. Bei diesem Teleskop handelt es sich um ein vom Cassegrain abgeleitetes Dall-Kirkham-System, das einen ellipsoiden Hauptspiegel und einen sphärischen Sekundärspiegel enthält. Es ist prädestiniert für Mond- und Planetenbeobachtung, da es mit einem Öffnungsverhältnis von 1:11,5 nicht zu den schnellen Optiken zählt. Erste Bildversuche an Jupiter und Mars ließen bereits die Optikqualität erkennen.

Dr. Carolin Liefke präsentierte vor der nächsten großen Pause die Gewinner des jährlich verliehenen Reiff-Preises für Amateur- und Schularbeiten. Es wurden die Astronomische Gesellschaft Greiz e.V., das Albert-Einstein-Gymnasium Bucholz mit der Zukunftswerkstatt, das naturwissenschaftliche Labor am Friedrich-Koenig-Gymnasium Würzburg und in der zweiten Kategorie Christian Preuß ausgezeichnet.

Nach der Kaffeepause gab es den Reiff-Vortrag des Wissenschaftlers Dr. Christian Gritzner, der über die Abwehrmöglichkeiten von Asteroiden und Kometen berichtete und die Bedrohungslage einschätzte. Beide Varianten können der Erde gefährlich nah kommen. Es wurde daher u.a. das Asteroiden-Suchprogramm NEOSTEL (Near Earth Object Survey TELescope) – genannt Flyeye – beschrieben, welches sich zukünftig der Früherkennung widmen soll. Es wird bis 2024 auf einem Berggipfel in Sizilien gebaut werden. Bis zu vier Teleskope sind dafür geplant. Als Fazit des Vortrags ließ sich festhalten, dass die bisherigen Suchprogramm noch unzureichend sind, um einen Asteroiden oder Kometen rechtzeitig aufzufinden. Die derzeit bekannten nahen Objekte sind gottseidank aber alle ungefährlich.

Im Anschluss wurde von Jörg Schoppmeyer die schwer erreichbare Sonnenfinsternis vom 04. Dezember 2021 als Reisebericht vorgetragen. Er ist dabei ein regelrechter SoFi-Jäger, da er bereits 60 Sonnenfinsternisse beobachtet und dafür 33 Länder bereist hat. Die SoFi vom Dezember 2021 hob sich allerdings von den üblichen Finsternissen ab, weil sie schwer zugänglich in der Antarktis stattfand. Ein Flug über das Südpolarmeer war dabei die einfachste Variante. Ein APOD entstand dabei aus dem Nachbarflugzeug heraus.

Den letzten Vortrag des Tages blieb BoHeTa-Urgestein Bernd Gährken vorbehalten. Sein aktuelles Thema war dieses Jahr der Vulkanismus auf La Palma, weil letztes Jahr ein großer Vulkanausbruch dort stattfand, der 10% der Insel zerstörte. Bernd Gährken beobachte den Vulkanausbruch u.a. vom höchsten Berg auf La Palma, dem Roque de los Muchachos. Dort entstanden einige schöne Zeitrafferaufnahmen, die er dem Auditorium zeigte.

Die BoHeTa ging pünktlich am frühen Abend zu Ende, so dass alle Teilnehmer rechtzeitig und voller neuer Informationen den Heimweg antreten konnten. Ein kleiner Kern traf sich im Anschluss noch im Restaurant Filou, um sich dort eifrig weiter auszutauschen. Man hatte das Gefühl, dass viele Besucher die erste Veranstaltung nach drei Jahren regelrecht genossen, weshalb auch der Hauptorganisator Peter Riepe sehr zufrieden war und bereits die 40. Veranstaltung für nächstes Jahr ankündigte.

Text: Dr. Kai-Oliver Detken
Bild: Jürgen Adamczak und Dr. Kai-Oliver Detken

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