8. Norddeutsche Tagung der Planetenfotografen (NTP): Das Stacking von Planeten und der Einsatz von IR-Passfiltern standen im Vordergrund
  • 8. Norddeutsche Tagung der Planetenfotografen (NTP): Das Stacking von Planeten und der Einsatz von IR-Passfiltern standen im Vordergrund

Die Norddeutsche Tagung der Planetenfotografen (NTP) findet in Bremervörde eigentlich fast jedes Jahr seit 2011 statt. So ist jedenfalls die Planung vom Veranstalter Dr. Michael Schröder ausgerichtet, der die NTP seit 2011 auf seinem Firmengelände in Bremervörde mit einem kleinen Organisationsteam zusammen auf die Beine stellt. Die Corona-Pandemie brachte diesen Rhythmus allerdings gehörig durcheinander, so dass sie im letzten Jahr ausfallen und dieses Jahr auf den Monat Juni verschoben werden musste. Es fanden trotz der Terminverschiebung 40 Teilnehmer den Weg nach Bremervörde (siehe Abbildung 1). Dieses Jahr berichtete Rolf Hempel ausführlich über seine Software-Projekte, vom Planetary System Stacker (PSS) über den Moon Panorama Maker (MPM) bis hin zum Planetary System LRGB Aligner (PSLA). Zwischendurch präsentierte Dr. Kai-Oliver Detken von der AVL die Ergebnisse des Einsatzes von IR-Passfiltern für Planetenaufnahmen. Eine kleine AVL-Gruppe machte sich daher auch dieses Jahr wieder auf den Weg, um der Veranstaltung beizuwohnen. 

Nach einer kurzen Einführung durch Dr. Michael Schröder und einer traditionellen Vorstellungsrunde aller Teilnehmer (siehe Abbildung 2) legte Rolf Hempel auch gleich mit der Präsentation seines Programms Planetary System Stacker (PSS) los, indem er seine Motivation darstellte. Da er nach eigener Recherche nur ungepflegte und proprietäre Software-Lösungen zum Stacking von Planetenbildern fand, stand sein Entschluss schnell fest eine eigene Software auf Open-Source-Basis zu schreiben. Dadurch wollte er eine Community auf die Beine stellen, die nicht von einem einzelnen Entwickler abhängig ist. Dieser Plan ist bis heute zwar noch nicht aufgegangen, da 99% des Quellcodes aus seiner Feder stammt, aber ein Anfang ist gemacht, denn drei weitere Entwickler haben immerhin bereits etwas zum PSS beigetragen.

Der Planetary System Stacker (PSS) ist in der aktuellen Programmiersprache Python 3 geschrieben worden, die sich ideal für Rapid-Prototyping eignet. Dadurch sind bereits eine Fülle von Software-Modulen zur Bildverarbeitung verfügbar gewesen. Zusätzlich ist es dadurch auch unabhängig vom eingesetzten Betriebssystem und läuft auf Windows-, Linux- und MacOS-Rechnern. Hempel vergleicht seine Software auch immer wieder mit dem Marktführer AutoStackkert!3, die allerdings seit Juni 2018 von dem Entwickler Emil Kraaikamp nicht mehr weiterentwickelt wurde und derzeit bei der Version 3.1.4 stagniert. Bis zum Mai 2019 war AutoStackkert!3 besser als PSS, weshalb die Algorithmen noch einmal komplett ausgetauscht wurden. Seit Februar 2020 besitzt PSS aber eine vergleichbare Bildqualität, was anhand eines Jupiterbildes im Blinkmodus demonstriert wurde.

Heute steht PSS in der Version 0.9.1 zur Verfügung. Die Bildqualität konnte dabei weiter gesteigert werden und der Kommandozeilenmodus sowie eine Drizzle-Option wurden hinzugefügt. Drizzeln findet Hempel eigentlich unnötig, da man bei Planetenaufnahmen sowieso große Brennweiten verwendet und sich daher aus den Ergebnissen eigentlich keine weiteren Einzelheiten mehr entlocken lassen. Es wurde aber von vielen Anwendern immer wieder gefordert. Weiterhin wurde Post-Processing mit verbesserten Filtern integriert, so dass man nun ein Wavelet-Schema zur Verfügung hat, das identisch mit den Layern in Registax 6 ist. Eine weitere Verbesserung ist der bilaterale Filter, der innerhalb der Wavelet-Bearbeitung ausgewählt werden kann und zur Vermeidung von Überschwingern am Rand beiträgt. Dieser kommt in PSS neben den gängigen Gauß-Filtern zum Einsatz und wirkt dabei nicht auf die Oberflächenstruktur. Der Vorteil dabei ist, dass keine Zwiebelringe an den Kanten aufkommen und es zu keinem Schärfeverlust im Inneren des Planeten kommt. Ein automatisches und manuelles subpixelgenaues RGB-Alignment runden die Leistungsmerkmale ab. Die Software gilt für Hempel als abgeschlossen. Kleinigkeiten wie adaptive AP-Gitter und bessere Drizzle-Performance stehen allerdings noch auf der Agenda. Die ausführliche Dokumentation steht in Englisch und neuerdings auch auf Deutsch zur Verfügung. Ein Windows-Installer hilft bei der Installation – er liegt aber leider noch nicht für die neuste Version vor.

Nach der theoretischen Betrachtung von PSS und einem anschließenden Workshop, stellte Dr. Kai-Oliver Detken seine Erfahrungen mit einem IR-Passfilter bei Planetenaufnahmen vor. Dabei spielt das Seeing neben der exakten Kollimation des Teleskops eine wichtige Rolle, da Planetenaufnahmen bei sehr großen Brennweiten gewonnen werden. Um dem Jetstream in unterschiedlichen Luftschichten ein Schnippchen zu schlagen wird das „Lucky-Imaging“ angewandt. Das heißt, es werden sehr viele kurzbelichtete Aufnahmen gemacht, aus denen dann eine kleine Prozentzahl von guten Bildern aussortiert wird. Dafür werden Planeten mittels Videos aufgenommen, aus denen eine Software wie PSS die besten Aufnahmen auswählt. Um das Seeing quantitativ beurteilen zu können, wird die gaußförmige Helligkeitsverteilung eines Sterns verwendet, denn kein Stern kann durch atmosphärische Störungen exakt punktförmig abgebildet werden. Der FWHM-Wert (Full Width at Half Maximum) gibt die Helligkeitsverteilung an, bei der Helligkeitswert gegenüber dem Maximalwert in der Mitte auf die Hälfte angefallen ist. Dieser Wert ist für jede Aufnahme anders, da das Seeing sich kontinuierlich ändert. Typische FWHM-Werte sind 1,5“-2,5“ bei sehr gutem Seeing und 4“-6“ bei mittlerem Seeing. Durch Auswahl der besten Bilder kann nun der gesamte FWHM-Wert sogar unter 1“ gedrückt werden. Da der FWHM-Wert bei einer Langzeitaufnahme sich proportional zur Wellenlänge verhält und umgekehrt proportional zum Teleskopdurchmesser, lässt sich ableiten, dass Teleskope mit einer größeren Öffnung der Ortsskala von 20 cm durch den FWHM-Wert begrenzt werden. Es sei denn man beobachtet in einem höheren Wellenlängenbereich, worauf die IR-Passfilter-Technik abzielt.

Zur Anwendung kam ein ProPlanet IR807-Filter, der das Wellenlängenspektrum von 350-790 nm blockiert und erst ab 807 nm wieder freigibt. Es wird demnach also nur das langwelligere Licht durchgelassen. Der Einsatz wird für diesen Filter ab 10“ Öffnung empfohlen, weshalb ein Celestron C11-Teleskop verwendet wurde. Als Kameras kamen eine Farb- und Monochromkamera mit der gleichen Pixelgröße zum Einsatz, die auch von den Ergebnissen miteinander verglichen wurden. Trotz Einsatz eines ADC konnte man bei den Bildern von Jupitern Vorteile bei der Monochromkamera erkennen, die hellere Planetenaufnahmen und weniger grobkörnige Oberflächendetails ermöglichte. Der IR-Passfiltervergleich am Mars wurde daher nur noch mit der Monochromkamera durchgeführt. Und hierbei ließen sich dann auch einige Vorteile des IR-Passfilters erkennen, dessen Aufnahmen die meiste Schärfe und Struktur erkennen ließen. Das Seeing wurde also wirklich besser, je länger die Wellenlänge war. Allerdings sinkt die maximale Schärfe ebenfalls mit der Wellenlänge. Das Auflösungsvermögen ist daher auch abhängig von der Wellenlänge: die doppelte Wellenlänge ergibt demnach die halbe Auflösung.

Im Vergleich wurden daher Bilder von Ralf Kreuels aus der VdS-Planetenliste präsentiert, die ebenfalls mit einem C11-Teleskop entstanden waren. Er experimentierte mit einem Grünfilter, da dieser eine ca. 30% höhere Auflösung versprach. Man erhält daher bei ausreichend guten Seeing die maximale Schärfe. Im Vergleich zwischen IR-RGB, R-RGB und G-RGB schnitt dann bei ihm die letztere Variante am besten ab, was an dem ausgezeichnetem Seeing an diesem Abend wohl gelegen haben mag. Man sollte sich daher vor jeder Belichtung zwischen der maximalen Schärfe und dem Auflösungsverlust durch den Einsatz eines IR-Passfilters entscheiden. Es macht daher durchaus Sinn bei der späteren Bildverarbeitung verschiedene Bildkombinationen gegenüberzustellen.

Abschließend stellte Rolf Hempel noch seine Programme Moon Panorma Maker (MPM) und Planetary System LRGB Aligner (PSLA) vor (siehe Abbildung 3). Ersteres wird zur Automatisierung von Mondpanoramen verwendet, da man Lücken oder unnötig große Überlappungen vermeiden möchte. Das MPM-Programm berücksichtigt dabei die Mondbewegung, die Mondphasen, die Montierungsdrift und den Beobachtungsort. Es muss daher Montierung und Kamera steuern. Letzteres ist durch ein Plugin des Programms FireCapture ermöglich worden, über das eine automatisierte Aufnahmeserie durchgeführt werden kann. MPM ist 2018 bereits in der Version 1.0.1 abgeschlossen worden. Für die Ausrichtung der einzelnen Bilder von L- und RGB-Kanälen ist von Rolf Hempel der Planetary System LRGB Aligner (PSLA) entwickelt worden. Voraussetzung dafür ist, dass alle Bilder pixelgenau registriert wurden. Genau dies ist bei Mondaufnahmen sehr schwierig umzusetzen. Panoramaprogramme erzeugen einen Versatz, der besonders bei Kratern negativ auffällt. PSLA arbeitet in zwei Stufen, um diesen Versatz nicht entstehen zu lassen. Die erste Stufe ist für die Verteilung von Ankerpunkten zuständig, die für eine homografische Abbildung sorgen. In der zweiten Stufe geht ein Optical Flow Algorithmus über das Bildresultat. Das Programm ist algorithmisch anspruchsvoll und schließt wie seine anderen Programme eine Marktlücke in der Planetenszene.

Zum Abschluss der Planetentagung bedankte sich Dr. Michael Schröder bei seinem Team und den beiden Referenten (siehe Abbildung 4). Am Applaus konnte man ablesen, dass sich kein Teilnehmer unzufrieden auf den Weg nach Hause machte. Ob die nächste Planetentagung wieder im Juni oder eher wieder im Januar stattfinden wird, ließ Schröder allerdings offen. Gewiss ist, dass es wieder eine geben wird, denn auch diese war wieder ein voller Erfolg.

Text: Dr. Kai-Oliver Detken
Bilder:
Martina Hanke

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